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Allgemeine Zeitung, 28. 4. 2009:

Mit Pathos und Perfektion

Russian State Sympnony Orchestra beendet Konzertring

Foto: Markus Brambrink 25. 04. 2009

D. Sitkovetsky im Violinkonzert von Tschaikowsky
Coesfeld: Zwei große russische Werke standen auf dem Programm des 300. und zugleich letzten Abends des Konzertrings, natürlich dargeboten von einem russischen Orchester: zu Gast war das Russian State Symphony Orchestra. Dieser so geschriebene Name weist auf die Internationalität dieses Klangkörpers hin und auch jetzt verstehen sich die Musiker immer noch als Botschafter russischer Musik. Dabei gelingt es ihnen, mit ausgesuchten Werken so etwas wie ein russisches Nationalgefühl und auch Nationalstolz zu vermitteln. Im Konzert Theater geschah das mit Kompositionen von Peter Tschaikowsky, dem größten Meister des zaristischen Russlands. Sein Violinkonzert D-Dur op. 35 wurde vorgestellt als ein „Musikstück voller Glanzlichter". Als Solist fungierte Dmitri Sitkovetsky, ein mit vielen internationalen Attributen ausgestatteter Virtuose. Zweifellos wurde er dem mit technischen Spezialitäten gespickten Stück in allerbester Weise gerecht, wenn er mehr dem begleitenden Orchester als dem Publikum zugewandt, mit außerordentlich warmem, aber dennoch kraftvollem Geigenton spielte. Hoch gelobt wurden auch seine gestalterische Kantabilität sowie die hauchzarte Dynamik. Aber es gab auch Stimmen unter den Zuhörenden, die das Ganze als zu leblos und synthetisch empfanden. Das ist sicher auch dem kompositorischen Wurf anzulasten, der einem Vergleich mit anderen großen Werken dieser Gattung nicht immer standhält. Die 5. Sinfonie e-Moll, op. 64, gehört sicher zu den besten Werken Peter Tschaikowskys. Der zeitlebens unter psychischen Labilitäten leidende Meister offenbart hier ein riesiges Tongemälde, das ein aufwändiges Orchester benötigt. In der langsamen Einleitung des ersten Satzes der übliche Tschaikowsky-Klang: tiefe Streicher und Klarinette. Und auch das Horn-Solo des zweiten Satzes („cantabile") mit seiner kontrapunktischen Verdichtung ist von der unendlichen Weite der russischen Landschaft geprägt. Aber dann fallen die Klangmassen unversehens über die ahnungslose Hörerschaft herein, ein Verfahren, das sich noch öfter wiederholt, und das in seiner Wechselhaftigkeit auch ein Gestaltungsmerkmal ist. Das äußerst diszipliniert agierende Orchester mit seinen stattlichen Kontrabässen, fundamentalem Blech und einem Heerpauker beherrschte dieses Verfahren unter seinem Chefdirigenten Mark Gorenstein auf das Wirkungsvollste, und das natürlich bis zum Finale: alles, was da ist! Es mag sein, dass dieses Pathos die richtiges Art ist, die 300. Veranstaltung des Konzertrings zu feiern, der so in der bisherigen Form nicht wiederkehren wird, der aber vielen Hörerinnen und Hörern in den vergangenen Jahrzehnten unvergessliche Momente beschert hat. So sei noch einmal ein Wort aus dem Programmheft wiederholt: Ausgewählte Werke, dargeboten von hervorragenden Künstlern, bekannten Solisten und großen Dirigenten boten eine durchdachte, qualitäts- und anspruchsvolle Konzertreihe.

Ulrich Wesseler


briefkasten Fragen zum Konzertring:  Dieter Westendorf
Letzte Änderung: 28.04.2009